Beobachten statt Bewerten

25.10.2023

Ein guter Coach lernt dies über mehrere Jahre innerhalb seiner Ausbildung und Weiterbildung. Er muss Situationen und den Coachee im Coaching beobachten können, um angemessen intervenieren, ein Feedback geben, zur Selbstreflektion, zur Lösungsentdeckung oder die richtigen Fragen stellen zu können.

Sobald Menschen etwas verkaufen, Ihre Dienstleistung oder Arbeitsleistungen, zur Schule gehen oder in einer Ausbildung sind, wird bewertet. Hier geht darum in welchen Rahmen bewertet wird, warum, wozu und mit welcher Beobachtung. Die Bewertung gehört zu einem gesellschaftlichen System dazu und ist im Moment auch nicht wegzudenken. Diese dienen der Beurteilung und dem entrichten von Geldleistungen für die Dienste oder Arbeiten, welche erledigt wurden.

Während Corona ist das LifeCoaching  ein Trend geworden, gefühlt, will es jeder machen und bietet es an. In dieser "Coaching Bubble" heisst es, dann bewerten ist verboten. Gemeint ist dann, "darf ich Dir für Deine Äusserungen ein Feedback geben oder könntest Du mal bitte reflektieren".

Wer in Beobachtung geübt ist, ist in der Realität und mit Selbstreflektion, kann er der Bewertung entgegenwirken. Vor allem lernt der Beobachter sehr viel dabei und eignet sich so wertvolles Wissen an, was er anderen Menschen wieder zur Verfügung stellen kann.

Praktische Übungsanleitung

Wer praktische Übungen umsetzt, sammelt neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Eine einfache Übung stelle ich wie folgt zum Nachmachen vor. Sie brauchen dazu nichts. Sie können diese Übung im Liegen, Stehen und Sitzen durchführen. 

Machen Sie es sich bequem, so wie es gerade für Sie passt. Seien Sie ganz entspannt. Legen Sie die Hände auf dem Bauch und Beobachten Sie diese, wie Ihr Atem diese bewegt (Auf und Ab). Denken Sie nichts und seien Sie mit der ganzen Aufmerksamkeit bei der Beobachtung. Starten Sie mit 5 Minuten und erweitern jeden weiteren Tag 5 Minuten, bis Sie bei 60 Minuten angelangt sind. Sie kommen so ganz entspannt ins Meditieren und trainieren gleichzeitig die Beobachtung. Sie lernen weiter das Denken auszuschalten und sich auf das "Hier und Jetzt" einzulassen. Machen Sie diese Übung 60 Minuten pro Tag =7 Wochen lang. Schreiben Sie auf, was Sie erfahren, welche Erkenntnisse sie gewonnen haben und was sich sonst so in Ihrem Alltag verändert hat.

Eine beliebte Übung ist, wenn Sie sich an einer belebten Stelle setzen, wo viele Menschen kommen und gehen (z.B. sei es am Flughafen, an der Schiffsanlegestelle, am Bahnhof oder in einem Park). Nehmen Sie ruhig einen Block und Stift in die Hand: Machen Sie sich Notizen wie Sie Menschen wahrnehmen:

  1. Was haben die Menschen an?
  2. Wie bewegen Sie sich?
  3. Wie kommen Sie in den Kontakt?
  4. Wie verhalten sich die Menschen einzeln oder in Gruppen?
  5. Wie verhalten sich die jungen und die älteren Menschen?
  6. Was tragen die Menschen?
  7. Wie nehme ich die Frauen, Männer, Jungen, Gender und die Mädchen wahr?
  8. Auch diese Übung können sie über mehrere Wochen machen und mit einem Kollegen, der ähnliches macht wie sie austauschen.


Ich  habe hier wunderbar beschrieben, wie die Fähigkeit zur objektiven Beobachtung in der Coaching-Praxis essentiell ist und wie sie durch gezieltes Training entwickelt werden kann. Dies ist insbesondere wichtig, da Coaches lernen müssen, ihre persönlichen Urteile zurückzuhalten, um Ihren Klienten einen sicheren und neutralen Raum zur Selbstentdeckung und -entwicklung zu bieten.

Die von mir vorgeschlagenen Übungen sind ausgezeichnete Beispiele dafür, wie man die eigene Wahrnehmung schärfen und von subjektiven Bewertungen abstrahieren kann. Das tägliche Atembeobachtungstraining fördert die Achtsamkeit und hilft, im Moment präsent zu sein. Die Beobachtung von Menschen in öffentlichen Räumen ist ebenfalls eine klassische Übung in vielen Coachingausbildungen, um nonverbale Kommunikation, Gruppendynamiken und individuelle Verhaltensmuster ohne voreilige Interpretationen zu erkennen.

Diese Praxis der reinen Beobachtung, ohne sofortige Bewertung, kann in vielen Lebensbereichen hilfreich sein, nicht nur im Coaching. Es fördert eine tiefere Selbstkenntnis und kann zu mehr Empathie im Umgang mit anderen führen. Indem man lernt, Beobachtungen von Bewertungen zu trennen, entwickelt man auch eine größere Flexibilität im Denken, was wiederum die Fähigkeit verbessert, kreative und effektive Lösungen für diverse Herausforderungen zu finden.

Diese Methoden helfen auch dabei, die eigene innere Ruhe und Resilienz zu stärken, da man weniger von äußeren Bewertungen und mehr von einem inneren Verständnis geleitet wird. So wird das Coaching nicht nur zu einem Werkzeug für die Klienten, sondern auch zu einem Weg der persönlichen Entwicklung für den Coach selbst.